Jazzclub-Flensburg Titel

Jazzclub - Flensburg -
der spätere Musikproduzent Klaus Lorenzen erinnert sich

Es geht hier nicht um einen Jazzclub mit Auftrittsmöglichkeiten, sondern um die Erinnerungen von Klaus Lorenzen!

Konzert-Kalender zum Eintragen eurer Konzerte: Konzert-Kalender


Jazz war in Europa eine neue Musikrichtung, die sich in Deutschland vor dem II. Weltkrieg nie richtig etablieren konnte. Es gab nur wenige Musiker, die diese Musik überhaupt spielen konnten und wollten. In der Zeit des "III. Reiches" wurde Jazz von offizieller Stelle
( Reichsmusikkammer) als NIGGER-Musik abgetan und verboten. Diese Haltung saß nach dem Kriege noch in vielen Köpfen der Erwachsenen fest.
Es war in den Jahren nach dem Krieg nicht nur schwer, an Unterlagen wie Schallplatten und Noten ranzukommen, teils weil kein Geld vorhanden war, teils weil der Markt dies noch nicht hergab, sondern die Akzeptanz und Toleranz durch die ältere Generation war nicht gegeben.
Die Geschichten, die es hierüber von Jazzern gibt, können Bände füllen!
Was die Situation in Flensburg betrifft, so gibt es über die ersten Jahre nach dem Kriege nicht viel zu berichten.

Erst als die Währungsreform 1948 dafür sorgte, dass es wieder ein breiteres Warenangebot - u.a. die ersten Schallplatten - gab. Es bildeten sich Freundeskreise, die Jazz-Schallplatten kauften und diese zusammen hörten.
Wer ein Instrument erlernte oder bereits beherrschte, konnte sich neue Stücke von Schallplatten abhören und mehr oder weniger gut einstudieren. Dies blieb aber immer nur kleinen Cliquen vorbehalten, denn Tonbandgeräte gab es noch nicht und die Schallplatten waren durch Mangel an Geld fast unerschwinglich.
Ein Problem herrschte in Deutschland noch vor: Was ist eigentlich Jazz und wo war die Grenze zur Tanz- und Unterhaltungsmusik? Erst sehr langsam konnten diese Informationen gesammelt werden.
Zu Beginn der 50er Jahre gab es die ersten richtigen Jazz-Sendungen auf den deutschen Wellen, die sich mit Stilrichtungen und deren Musikern auseinandersetzten. Auf AFN (American Forces Network) und BFN (British Forces Network) wurde alles zu Unterhaltungsmusik vermischt, was zwar schön anzuhören war, jedoch wissenschaftlich zu nichts diente. Als die ersten ausländischen Jazz-Musiker nach Deutschland auf Tournee gingen und die sog. Jazz-Föderation gegründet wurde, der sich viele Interessenten anschlossen, gab es ein breiteres Spektrum.

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Auch in Flensburg hatte sich eine Interessengruppe gebildet, die etwas für den Jazz tun
wollte , um diesen salonfähig zu machen. Nicht zu vergessen der Spaß an der eigenen Sache.
Ausschlaggebend hierfür war das große Interesse am Jazz in Flensburg, insbesondere hervorgerufen durch Konzerte der "Modern-Sound-Combo".

Modern Sound Combo


Die Combo und ein Kreis von Freunden um diese, hatte am 29.8.1954 zum ersten Mal im großen Saal des damals noch existierenden "Bellevue" im Nordergraben, gleich neben dem Gymnasium, zum 1. "Jazz - Date" geladen. Eine Nachmittagsveranstaltung, die von 14.30 bis 18.30 Uhr angesagt war.
Der Erfolg war enorm, denn es kamen sehr viele Zuschauer und Zuhörer. Günstig war dieser Zeitpunkt auch für Jugendliche, die noch zu keiner Abendveranstaltung durften!
Es folgten das 2. Jazz-Date im "Bellevue" mit der "Modern-Sound-Combo" am 24. Oktober 1954 sowie das 3. Jazz-Date am 27. November 1954.
Das 4. Jazz-Date fand im "Blauen Saal" im Deutschen Haus am 13. Februar 1954 statt und es wurde schon auf die Gründung eines Jazz-Club Flensburg, hingewiesen.

Über den Werdegang der einzelnen Gründungsmitglieder soll an anderer Stelle noch berichtet werden.

Fest steht aber, dass der
Jazz Club Flensburg
offiziell am 13.3.1955 mit Gründungsversammlung im "Blauen Saal"
des Deutschen Hauses in Flensburg gegründet wurde.

Deutsches Haus Flensburg


Auf der GRÜNDUNGSVERSAMMLUNG des Jazz Club Flensburg wurde folgender Vorstand gewählt:
1. Vorsitzender: Hans Henningsen
2. Vorsitzender: Günter Bendfeldt
Kassierer: Dieter Schulz
Protokollführer: Ingo Wallas
Beratende Mitglieder:
Helge Schmedeke
Cor de Gans
Horst H. Schoop


Zusammenkünfte des JC Flensburg jeden Mittwoch, 20 Uhr
Vorläufiges Clublokal: Logenhaus Flensburg, Ecke Schloss- und Burgstraße.
Klub-Kapelle: "Modern-Sound-Combo".


jazz notes

Der Zulauf war gewaltig und schon bald gab es auch eine Club-Zeitung:

"jazz notes" -

mitteilungen des jazzclub flensburg


Natürlich alles klein geschrieben! (Man wollte ja modern erscheinen...)
Jahrgang 1, Heft Nummer 1 erschien im Mai 1955.
Die Redaktion wurde von Horst H. Schoop (später Journalist in Dänemark) und Ingo Wallas betrieben.


Was jetzt folgte, war ein reges Club- bzw. Vereinsleben. Man traf sich wöchentlich zum Clubabend, der zunächst mit Beiträgen über führende Jazzmusiker und Jazz-Richtungen eröffnet wurde. Der Vorstand, aber auch freiwillige Clubmitglieder hielten Referate, die sie anhand von Musikbeispielen von Schallplatten und später auch vom Tonband, unterstützten. So wurde vielen Clubmitgliedern Neuigkeiten vorgestellt, die sie über die Medien zu jener Zeit niemals hätten hören können.
Nach diesen Referaten spielte dann die "Modern-Sound-Combo". Die Stars der Szene!
Nicht sehr viele Clubs in Deutschland konnten gleich mit einer Club eigenen Combo aufwarten, zumal einzelne Musiker bereits überregional von sich hatten Reden machen!!!

Ein weiterer Höhepunkt im Vereinsleben des Clubs war eine "Riverboat-Shuffle" auf der Flensburger Förde, welche am 3. September 1955 stattfand.

Auch die "jazz notes" trugen mit vielen Informationen über das Jazzgeschehen in Deutschland und auf der internationalen Szene bei.
Zu unseren dänischen Nachbarn wurden Kontakte mit den Jazz-Clubs vor allem in Sonderburg und Apenrade gepflegt. Hier und da besuchte man Veranstaltungen, die der jeweilige Club arrangierte. Dies waren meistens Konzerte, die von den Clubs veranstaltet wurden und manch später bekannte Musiker ging aus dieser Szene hervor.

Konzert in Apenrade
Ein Konzert für 25 Øre!


Auch Mitglieder der "Modern-Sound-Combo" wurden nach Apenrade zu einem Konzert eingeladen. Dies Konzert fand am 30. April 1955 statt und die Combo wurde durch
Stefan v. Dobrzynski (cl , fl. & altsax.) und Jobst Erdmann verstärkt. Wie aus der Club-Zeitung hervorgeht, war dies ein großer Erfolg für die modernen Jazz spielende Combo, zumal die nordischen Nachbarn mehr dem trad. Jazz zugetan waren.

Zu den Höhepunkten gehörte auch der Besuch des Tönder Jazz Festival.

jazz in tondern jazz in tondern clubabend

In der Großen Strasse 15-19 wurde ein kleiner Schaukasten angebracht, der Auskunft über die Themen der einzelnen Clubabende gab. Alles durch freiwillige Mitarbeiter modern gestaltet.Später bekam der Schaukasten seinen Platz bei "Flensborg Avis" am Nordermarkt. Zwei Muster sind noch erhalten geblieben:

clubkasten

Ende 1959 faßte der Jazz-Club-Flensburg den Beschluß, der Deutschen Jazz Föderation beizutreten.

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Sein fünfjähriges Bestehen feierte der Club 1960 mit einem besonderen Konzert
Das Durchschnittsalter bei den Clubmitgliedern lag bei Gründung des Clubs um die 20 Jahre. Deshalb ist es verständlich, dass durch Studium, Bundeswehrzeit, Arbeitsplatzwechsel und dergleichen die Mitgliederzahl schrumpfte. Der alte Stamm löste sich auf, weil viele nicht mehr in Flensburg ansässig waren. Neue Clublokale wurden gefunden. Zuletzt durch die Stadt Flensburg an der Reitbahn bereitgestellt. Die Clubaufzeichnungen enden Ende 1961.

Was den Flensburger Jazz Club bei einem breiteren Publikum bekanntmachte, waren die Veranstaltungen in der "Neuen Harmonie"

Neu Harmonie

unter der Bezeichnung:

jazz date


jazz-club-flensburg


Diese Veranstaltungen sind Flensburger Musikgeschichte, deshalb sollten sie ein wenig ausführlicher beschrieben werden.
Die ersten "Jazz-Dates" wurden noch vor Gründung des Flensburger Jazz Clubs veranstaltet. Es spielte die "Modern-Sound-Combo" an verschiedenen Veranstaltungsorten, wie "Bellevue" oder im "Deutschen Haus". Nach der Clubgründung fanden die Veranstaltungen immer in der "Neuen Harmonie" statt.

Musiker bei der Arbeit

Es spielte zunächst noch die "Modern-Sound-Combo", aber diese wurde immer öfter durch auswärtige Musikergäste verstärkt.


bildkl1 bildkl2 bildkl3 bildkl4 bildkl5 Helge Schmedeke


Jazz Date PlakatJazz Night

Weiterhin gestalteten an einigen Abenden andere Bands, wie z.B. die "Gloryland-Jazzband" aus Dänemark das Programm zusammen mit der "Modern-Sound-Combo"

Das "Jazz-Date" , manchmal auch unter anderem Motto wie z.B. "Rendezvous in Jazz" oder"Jazz Night" wurde bis in die 60er Jahre weit über 25 Mal veranstaltet. Wie aus alten Clubunterlagen hervorgeht, waren durchschnittlich 200 Gäste anwesend!

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Jazz in Kiel
Eine Kieler Jazzchronik 1981 bis 1990
© Klaus Lorenzen, Flensburg/Glücksburg

Helge Schmedeke

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